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Was ist zu tun, wenn Sie eine Unterlassungsaufforderung (Abmahnung) wegen falscher Tatsachenbehauptungen erhalten haben?

Grundsätzlich sollten Sie eine Unterlassens- und Beseitigungsaufforderung ernst nehmen. Ignorieren Sie ein solches Schreiben, droht ein Gerichtsbeschluss, der meist weitere Gerichts- und Rechtsanwaltskosten über die Abmahnung hinaus zur Folge hat.

Dies gilt unabhängig davon, ob das Schreiben von Anspruchssteller selbst oder von einem Rechtsanwalt verfasst wurde.

Konkret sollten sie die Unterlassungsfrist beachten, das konkret vorgeworfene Verhalten in dem Schreiben identifizieren und den geschilderten Sachverhalt auf inhaltliche Richtigkeit prüfen.

Lesen Sie nach, wie Sie sich am besten verhalten, wenn Sie eine Abmahnung wegen negativer Bewertung erhalten haben.

Im Nachfolgenden erfahren Sie mehr zum Unterlassungsanspruch bei unwahren Tatsachenbehauptungen.

Verhältnis Meinungsfreiheit und falsche Tatsachenbehauptungen

Ein weit verbreiteter Irrglaube ist, dass alle Äußerungen durch die Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs.1 S.1 GG erlaubt sind.

Darin steht: "Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten [...]"

Dieses Recht wird bereits in Art. 5 Abs. 2 GG eingeschränkt. Dort heißt es:

"Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre."

Hier wird ersichtlich, dass insbesondere auch das Recht der persönlichen Ehre die Meinungsfreiheit beschränken kann.

Grundsätzlich sind auch Tatsachenbehauptungen durch Art. 5 Abs. 1 GG geschützt, wenn Sie zur Meinungsbildung beitragen können. Nicht geschützt sind hingegen unwahre Tatsachenbehauptungen.

Unrichtige Information ist unter dem Blickwinkel der Meinungsfreiheit kein schützenswertes Gut (BVerfGE 54, 208 (219)). Was dagegen nicht zur verfassungsmäßig vorausgesetzten Meinungsbildung beitragen kann, ist nicht geschützt, insbesondere die erwiesen oder bewusst unwahre Tatsachenbehauptung (BVerfG, Urteil vom 22.06.1982 - 1 BvR 1376/79).

_Für die Verbreitung unwahrer Tatsachenbehauptungen gibt es in der Regel keinen Rechtfertigungsgrund, weshalb die Meinungsfreiheit bei der Äußerung bewusst unwahrer oder falscher Tatsachenbehauptungen grundsätzlich hinter das Persönlichkeitsrecht zurücktritt (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 28. Juni 2016 - 1 BvR 3388/14 -, Rn. (1-25))._

Demnach ist eine unwahre Tatsachenbehauptung also nicht per se rechtswidrig, aber eben (fernab des Journalismus) auch nicht schutzwürdig. Erforderlich ist somit, dass ein fremdes Persönlichkeitsrecht von der unwahren Tatsachenbehauptung betroffen ist. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht leitet sich direkt aus dem Grundgesetz, aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m Art. 1 Abs. 1 GG, ab. Das Persönlichkeitsrecht ist auch für Unternehmen nach vorherrschender Meinung anwendbar (vgl. Art. 19 Abs. 3 GG).

Über §§ 1004 Abs. 1 analog, 823 Abs. 1 BGB führt die Verletzung oder drohende Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als sonstiges Recht i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB zu einem zivilrechtlichen Unterlassungsanspruch. Die Rechtswidrigkeit muss im Lichte von Art. 5 Abs. 1 GG, der Meinungsfreiheit, geprüft werden. Hier führt jedoch die (ungeschützte) falsche Tatsachenbehauptung grundsätzlich dazu, dass das Persönlichkeitsrecht mit dem Aspekt des sozialen Achtungsanspruchs überwiegt, wenn die falsche Tatsachenbehauptung geeignet ist, das Ansehen der betroffenen Person herabzusetzen.

Abgrenzung von Meinungsäußerungen und Tatsachenbehauptungen

Grundsätzlich lässt sich eine Meinungsäußerung von einer Tatsachenbehauptung dadurch abgrenzen, ob die Richtigkeit solcher Aussagen objektiv feststellbar, also dem Beweis zugänglich ist (vgl. BGH, Urteil vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03 - VersR 2005, 277, 278 m.w.N.).

Dem stehen auch die Verwendungen von Einschüben wie "offenbar" oder Ähnlichem nicht entgegen. Denn der Ansehensschutz würde leerlaufen, wenn es der Äußernde in der Hand hätte, allein durch solche Einschübe aus seinen Tatsachenbehauptungen zivilrechtlich weniger angreifbare Meinungsäußerungen zu machen. Deshalb stehen z.B. Formulierungen wie "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" (vgl. BGH, Urteil vom 26. November 1996 - VI ZR 323/95 - VersR 1997, 325, 326), "sollen angeblich" (vgl. BGH, Urteil vom 27. Mai 1986 - VI ZR 169/85 - VersR 1986, 1075, 1076), "ich meine, dass" (Wenzel/Burkhardt, aaO, Kap. 4 Rn. 55), "so viel ich weiß" oder "offenbar" (Löffler/Steffen, Presserecht, 5. Aufl., § 6 LPG Rn. 93) einer Qualifizierung als Tatsachenbehauptung nicht prinzipiell entgegen. Jedenfalls dann, wenn sich aus dem Gesamtzusammenhang des beanstandeten Artikels vom Verfasser aufgestellte rufbeeinträchtigende Behauptungen ergeben und der einschränkende Einschub den unbefangenen Leser nicht davon abhalten kann, die Äußerungen in diesem Sinne zu verstehen, liegt eine dem Beweis zugängliche Tatsachenbehauptung vor (so BGH, Urteil vom 22.04.2008 - VI ZR 83/07).